Mariahilfer Straße in Wien nach der Umgestaltung.

Mariahilfer Straße in Wien nach der Umgestaltung. © Peter Gugerell/Wikimedia

Fahrradförderung ist gut fürs Geschäft. Argumente für den Einzelhandel

Untersuchungen zeigen, das Fahrradförderung dem Einzelhandel hilft. Denn: Mehr Menschen als gedacht machen Einkäufe mit dem Rad und geben im Schnitt mehr aus als Autofahrende. Der ADFC hat einige Studienergebnisse zusammengestellt.

1. Fahrradförderung stärkt den lokalen Einzelhandel

Die positiven Effekte von fahrradfreundlicher Infrastruktur auf den Einzelhandel sind in internationalen und nationalen Studien wiederholt belegt worden. Sie zeigen, dass die Erfahrungen durchweg positiv sind, wenn das Fahrrad gefördert wird. In keinem Fall sind die Verkaufszahlen eingebrochen, in einigen aber deutlich gestiegen.

  • z. B. New York: Nach der Durchführung von verkehrsberuhigenden Maßnahmen und dem Neubau von Radwegen ging der Leerstand von Geschäftsräumen um 45 Prozent zurück und der Umsatz bestehender Geschäfte stieg aufgrund der höheren Aufenthaltsqualität um 43 Prozent.
  • z. B. Wien: Die fuß- und radverkehrsfreundliche Umgestaltung der Mariahilfer Straße und vier weiterer verkehrsberuhigter Zonen bringen laut Wiener Wirtschaftskammer (WKW) nach ihrer Fertigstellung insgesamt 9,1 Mio. Euro Wertschöpfung pro Jahr und 122 Jobs.

Auch der deutsche Einzelhandel beginnt zu erkennen, dass fahrradfreundliche Straßen das Geschäft beleben. Ein aktuelles Beispiel ist der Ballindamm in Hamburg: Die ansässigen Grundeigentümer im Business Improvement District (BID) haben als private Dritte einen Teil der Kosten für die neue Radinfrastruktur am Ballindamm übernommen.

2. Einkäufe werden seltener mit dem Auto erledigt als vermutet

Welche Verkehrsmittel nutzen Menschen, um einkaufen zu gehen? Der Einzelhandel spricht dem Auto oft eine hohe Bedeutung zu – Untersuchungen zeigen jedoch, dass Kund*innen das Auto deutlich seltener nutzen als vom Einzelhandel angenommen. Die Bedeutung des Fuß- und Radverkehrs sowie des ÖPNV wird durch die Einzelhändler*innen deutlich unterschätzt.

  • z. B. Bristol: Einzelhändler*innen vermuteten, dass 41 Prozent ihrer Kund*innen mit dem Auto anreisen. Es waren jedoch nur 22 Prozent. Die Bedeutung des Fahrrads, des ÖPNVs und des Fußverkehrs haben die Einzelhänder*innen dagegen jeweils deutlich unterschätzt.
  • z. B. Berlin: Eine aktuelle Studie in zwei Einkaufs- und Hauptverkehrsstraßen in Berlin zeigt, dass nur knapp sieben Prozent der Kund*innen mit dem Auto zu den Geschäften kommen. Deutlich häufiger als das Auto nutzen die Kund*innen das Fahrrad (15 %) und den ÖPNV (26 %). Am häufigsten gehen sie zu Fuß (52 %) zu den Geschäften.

Einzelhändler*innen hatten den Anteil der Autofahrenden auf 22 Prozent geschätzt, und damit die Bedeutung des Autos als Verkehrsmittel um das Dreifache überschätzt. Die Bedeutung der anderen Verkehrsmittel wurde dagegen jeweils unterschätzt, der ÖPNV z. B. um 8,1 Prozent.

3. Kund*innen mit dem Rad geben mehr aus

Verschiedene Studien im internationalen Ausland und in Deutschland zeigen, dass Radfahrende zwar pro Einkauf weniger Geld ausgeben als Autofahrer*innen. Dafür kaufen sie aber häufiger ein und bescheren dem Einzelhandel so in der Summe mehr Umsatz. Menschen, die Einkäufe mit dem Rad erledigen, nutzen Geschäfte in der Nachbarschaft und stärken so den lokalen Einzelhandel.

Mini-Hollands in London: In dieser Geschäftssträße wurde die Durchfahrt für Kfz stark eingeschränkt und der Fußgängerbereich ausgeweitet.

In London wurden Bezirke nach niederländischem Vorbild fahrradfreundlich in sogenannte Mini-Hollands umgebaut. Mehr über diesen Umbau lässt sich über das ADFC-Projekt InnoRad erfahren.

Zu den Mini-Hollands

  • z. B. London: Eine Studie der University College London’s Barlett School of Planning zeigt, dass Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind, pro Monat 40 Prozent mehr Geld im lokalen Einzelhandel ausgeben als Autofahrer*innen. Die Studie wurde in Londoner Vierteln gemacht, die mit Maßnahmen wie durchgängige Radwege, großzügige Fußgängerzonen und Sitzmöglichkeiten umgestaltet wurden.
  • z. B. Frankreich: Eine Umfrage in sechs französischen Städten kommt zu dem Schluss, dass Radfahrende pro Woche mehr Geld ausgeben als Autofahrer*innen. Pro Woche sorgen sie in den Geschäften für einen Umsatz von 24,40 Euro, Kund*innen im Auto dagegen für 21,70 Euro. [Brichet, Heran: Commerces de centre-ville et de proximité et modes non motorisés . Publication AdEME n°4841 (2003)]
  • z. B. Australien: Eine australische Studie kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Autofahrende haben der Studie zufolge zwar pro Stunde höhere Ausgaben, da aber mindestens sechs Räder auf der Fläche eines Kfz-Stellplatz untergebracht werden können, rechnet die Studie den Radfahrenden eine dreifach höhere wirtschaftliche Bedeutung zu.

4. Fahrradfreundlichkeit zahlt sich für den Einzelhandel aus

Fahrradfreundlichkeit sorgt für ein positives Image: Das Fahrrad steht für eine nachhaltige, klimafreundliche Lebensweise. Das Bewusstsein der Bevölkerung für Nachhaltigkeit und die Klimakrise steigt. Es findet immer mehr Berücksichtigung bei Konsumentscheidungen. Deshalb kann der Einzelhandel mit fahrradfreundlichen Maßnahmen wie sicheren Abstellanlagen in der Nähe des Eingangs bei den Kund*innen punkten.

Die Investition in fahrradfreundliche Infrastruktur und Abstellanlagen lohnt sich, denn sie bringt mehr Radfahrer*innen zu den Geschäften. Auf der Fläche eines Autoparkplatzes können mindestens sechs Fahrräder sicher und komfortabel abgestellt werden.

Fazit

Studien zeigen: Der lokale Einzelhandel profitiert von verkehrsberuhigenden Maßnahmen und der Förderung des Fuß- und Radverkehrs. Anders oft von Einzelhändler*innen vermutet, ist es nicht der kostenlose Parkplatz vor dem eigenen Geschäft, der den Umsatz bringt, sondern Maßnahmen, die das Verweilen und die Mobilität zu Fuß und mit dem Rad angenehm machen.

Die Auffassung teilt inzwischen auch die Wiener Wirtschaftskammer. Sie hatte sich ursprünglich vehement gegen die Umwandlung der Mariahilfer Straße in eine Begegnungszone gewehrt. Nun plädiert sie für ähnliche Projekte in allen Wiener Bezirken.

Und was ist mit den Parkplätzen? Laut Standortanwalt der Wiener Wirtschaftskammer verliert „die Parkplatzfrage“ in den Städten „zunehmend an Bedeutung“.

alle Themen anzeigen

Werde ADFC-Mitglied!

Unterstütze den ADFC und die Rad-Lobby, werde Mitglied und nutze exklusive Vorteile!

  • exklusive deutschlandweite Pannenhilfe
  • exklusives Mitgliedermagazin als E-Paper
  • Rechtsschutz und Haftpflichtversicherung
  • Beratung zu rechtlichen Fragen
  • Vorteile bei vielen Kooperationspartnern
  • und vieles mehr

Dein Mitgliedsbeitrag macht den ADFC stark!

Zum Beitrittsformular
https://aachen.adfc.de/artikel/fahrradfoerderung-ist-gut-fuers-geschaeft-argumente-fuer-den-einzelhandel

Häufige Fragen und Antworten

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) setzt sich mit seinen mehr als 230.000 Mitgliedern mit Nachdruck für die Verkehrswende in Deutschland ein. Wir sind überzeugt davon, dass eine gute, intuitiv nutzbare Infrastruktur, gut ausgearbeitete Radverkehrsnetze und vor allem Platz für Rad fahrende Menschen auch dazu einlädt, das Fahrrad als Verkehrsmittel zu benutzen. Wir möchten eine sichere und komfortable Infrastruktur für den Radverkehr, damit sich junge und junggebliebene Fahrradfahrende sicher und zügig fortbewegen können.

    Die Förderung des Radverkehrs ist nicht zuletzt auch ein politischer Auftrag, für den sich der ADFC stark macht. Unser Ziel ist es, alle Menschen, gleich welchen Alters und unabhängig von ihren Wohnorten, für das Radfahren und damit für die Mobilität der Zukunft zu gewinnen. Lesen Sie in unserem Grundsatzprogramm mehr über die Ziele und Forderungen des ADFC – und werden Sie Mitglied in der weltweit größten Zweiradgemeinschaft.

    weiterlesen

  • Von welchen Vorteilen profitiere ich als ADFC-Mitglied?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluss auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrenden ein.

    Als ADFC-Mitglied profitieren Sie außerdem von umfangreichen Serviceleistungen: Sie können, egal wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die ADFC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem ADFC-Magazin Radwelt Informationen zu allem, was Sie als Rad fahrenden Menschen politisch, technisch und im Alltag bewegt. Nutzen Sie als ADFC-Mitglied außerdem vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Unternehmen sowie Versicherungen ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied? Hier gelangen Sie zum Anmeldeformular.

    weiterlesen

  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein verkehrssicheres Fahrrad auszustatten ist, legt die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) fest. Sie schreibt u. a. zwei voneinander unabhängige Bremsen vor, damit ein Fahrrad sicher zum Stehen kommt. Ebenso vorgeschrieben ist eine helltönende Klingel. Auch zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale mit je zwei nach vorne und nach hinten wirkenden gelben Rückstrahlern sind Pflicht.

    Am wichtigsten für die Verkehrssicherheit ist neben den Bremsen die Beleuchtung. Ein rotes Rücklicht und ein weißer Frontscheinwerfer sind vorgeschrieben. Die Beleuchtung kann batteriebetrieben sein und muss tagsüber nicht mitgeführt werden. Sie muss aber dann einsatzbereit sein, wenn die Sichtverhältnisse Licht erforderlich machen. Für den Straßenverkehr zugelassen ist Beleuchtung nur mit dem Prüfzeichen des Kraftfahrtbundesamts (eine Wellenlinie, Großbuchstabe K und fünfstellige Zahl). Damit Radfahrende auch seitlich gesehen werden, sind Reflektoren in den Speichen oder Reflexstreifen an Reifen oder Felge vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO vorgeschrieben sind. Ausführlichere Informationen finden Sie hier.

    weiterlesen

  • Worauf sollte ich als Radfahrer*in achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmenden. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrer*in im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmenden zu rechnen.

    Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, indem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer*innen nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen.

    Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmenden gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrende auf Straßen und Radwegen unterwegs. Weitere Tipps, wie Sie zu Ihrer und der Sicherheit anderer beitragen, finden Sie hier.

    weiterlesen

  • Was ist der Unterschied zwischen Schutzstreifen und Radfahrstreifen? Und was ist ein Radweg?

    Die Infrastruktur für das Fahrrad ist nicht einheitlich und selten uneingeschränkt gut nutzbar. Radfahrstreifen und Schutzstreifen verlaufen beide auf der Fahrbahn und damit im direkten Blickfeld von Autofahrenden. Schutzstreifen haben eine gestrichelte Markierung und dürfen daher bei Bedarf mit dem Auto befahren werden, vor allem, um Gegenverkehr auszuweichen und nur, wenn der Radverkehr nicht gefährdet wird. Radfahrstreifen hingegen sind mit einer Linie durchgängig auf der Fahrbahn markiert und dürfen von Autofahrenden nicht befahren werden. Der ADFC macht sich für geschützte Radfahrstreifen stark, bei denen Poller, Kübel und markierte Schutzzonen Radfahrende vor dem Autoverkehr, achtlos aufgerissenen Autotüren und unerlaubtem Parken schützen.

    Ein Radweg ist durch ein blaues Radwegschild gekennzeichnet und muss in dem Fall von den Radfahrenden genutzt werden. Eine Benutzungspflicht darf aber nur angeordnet werden, wenn es die Verkehrssicherheit erforderlich macht. Behindern Blätter, Schnee oder andere Hindernisse Radfahrende auf Radwegen, dürfen sie auf die Fahrbahn ausweichen. Mehr zur Infrastruktur für den Radverkehr erfahren Sie hier.

    weiterlesen

  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn die Fahrenden in die Pedale treten. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes. Mehr Informationen bekommen Sie hier.

    weiterlesen

  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können. Mehr Informationen zu den Bewertungskriterien unserer Radtouren erhalten Sie im Menüpunkt Auf Tour.

    weiterlesen

Bleiben Sie in Kontakt