Mehr Priorität für den Winterdienst auf Radwegen erforderlich
Aus rechtlichen und aus verkehrspolitischen Gründen ist ein zeitnaher und verlässlicher Winterdienst geboten. Nur durch den Winterdienst auf Radwegen kann die Verkehrssicherheit auf Schulwegen und für Pendlerinnen und Pendler sichergestellt werden.
Für den Radverkehr ist eine hohe Verlässlichkeit für den Winterdienst auf Geh- und Radwegen wichtig. Obwohl die Verantwortlichen Baulastträger, also Kommunen oder das Land, einen effizienten Winterdienst auf Radwegen organisieren müssten, ist dieses in vielen NRW-Kommunen und beim Landesbetrieb Straßenbau noch nicht selbstverständlich.
Wie beim Autoverkehr muss der Winterdienst zuverlässig vor Beginn des Schul- und Berufsverkehrs geschehen. Das ist auch der Anspruch des Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetzes NRW (FaNaG), das am 1.1.2024 seit zwei Jahren in Kraft ist. Dort heißt es: “Zukünftig sollen alle Verkehrsmittel eine gleich bedeutsame Rolle einnehmen.“ In der Praxis erleben Radfahrende jedoch, dass Schnee und Laub sogar von der Fahrbahn auf Rad- und Gehwege geschoben werden.
Fünf Fragen zum Winterdienst auf Radwegen in NRW
Warum ist ein guter Winterdienst auf Radwegen wichtig?
Viele Radfahrende möchten und wollen auch im Winter Radfahren bzw. haben gar nicht die Alternativen, auf andere Verkehrsmittel umzusteigen. In den vergangenen Jahren gab es zudem einen deutlichen Anstieg des Radverkehrs am Anteil des Gesamtverkehrs. Daher ist dringend ein guter Winterdienst auf Radwegen erforderlich.
Die Qualität und Verlässlichkeit des Winterdienst ist ein sehr einfaches und gutes Instrument für Kommunen und das Land, um den Radverkehr nachhaltig zu fördern. Nach Angaben des Verbandes kommunaler Unternehmen ist das Unfallrisiko mit dem Fahrrad bei Schnee und Glätte etwa 20-mal höher als bei unkritischen Witterungsverhältnissen.
Wie steht es aktuell um den Winterdienst in den Städten NRWs?
Im letztjährigen ADFC-Fahrradklima-Test 2022 bewerteten die Radfahrenden den Winterdienst in über 200 Orten NRWs durchschnittlich mit der Note ausreichend (4,2). Seit Jahren stagniert die Bewertung in der Umfrage zur Frage des Winterdienst auf Radwegen.
In den 30 NRW-Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohner:innen bewerteten die Radfahrenden den Winterdienst im Schnitt sogar mit der Schulnote mangelhaft (4,6). In zwei von drei NRW-Großstädten vergaben die Radfahrenden für den Winterdienst mangelhaft als Note. Eine absolute Ausnahme bildet die Stadt Münster, die als einzige Großstadt in NRW einen befriedigenden Winterdienst bietet (2,8). In den kleineren Kommunen, insbesondere bei denen mit weniger als 20.000 Einwohner:innen, wird der Winterdienst durchschnittlich mit ausreichend bewertet.
Wie sicher ist Radfahren im Winter?
Auf gut geräumten Wegen, ohne Eis, Schnee oder nassem Laub ist Radfahren im Herbst und Winter genauso sicher wie in den sonstigen Jahreszeiten.
Sobald die Radwege aber mit Eis, Schnee und nassem Laub bedeckt sind, wird Radfahren gefährlich. Das liegt auch an der Dynamik des Radfahrens auf nur zwei Rädern (einspurig). Insbesondere in glatten Kurven, (unter Laub nicht sichtbaren) Wurzelerhebungen und bei langsamen Fahrten ist der Kraftschluss zwischen Rad und Untergrund kritisch.
Es ist also nicht verwunderlich, dass Radfahren im Winter bei glatten Verhältnissen als subjektiv unsicher eingestuft wird. Nach Angaben des Verbandes kommunaler Unternehmen ist das Unfallrisiko unter Berücksichtigung einer hohen Dunkelziffer der nicht polizeilich erfassten Unfälle und geringeren Radverkehrsmengen tatsächlich etwa 20-mal höher als bei unkritischen Witterungsverhältnissen.
Welche Pflichten zum Streuen und Räumen gelten?
Eine Streupflicht gilt für alle verkehrswichtigen Radwege (diese sind rechtlich den Fahrbahnen zuzuordnen) genauso wie für verkehrswichtige Straßen. Das heißt, dass die Baulastträger (Kommunen oder Land) dafür Sorge tragen müssen, dass das gesamte Hauptradroutennetz im Winter regelmäßig, spätestens aber mit dem morgendlichen Berufs- und Schulverkehr, geräumt und gestreut sein muss. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Gesetz über die Reinigung öffentlicher Straßen (StrReinG NRW). Auch aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht und im Sinne einer nachhaltigen und umweltgerechten Mobilität ist ein verlässlicher Winterdienst auf Radwegen erforderlich.
Neben den Hauptradrouten betrifft die Räum- und Streupflicht auch alle Fahrradstraßen, Fahrradzonen und Radschnellwege. Allein durch die entsprechende Widmung als solche, müssen die Verbindungen für den Radverkehr als verkehrswichtig gelten.
Wie können Kommunen und Land den Herausforderungen beim Winterdienst auf Radwegen begegnen?
Städte wie Münster zeigen, dass ein zeitnaher und verlässlicher Winterdienst auf Radwegen funktioniert. Dänemark, Schweden und die Niederlande zeigen, dass durch einen guten Winterdienst auf Radwegen die Radverkehrszahlen im Winter deutlich weniger zurückgehen, als in Deutschland. Es lohnt sich also, den Winterdienst auf Radwegen eine hohe Priorität beizumessen.
Insbesondere auf vielen gesondert geführten Radwege ist der Winterdienst durch Poller, Umlaufsperren und andere Hindernisse und aufgrund geringer breiten oftmals erschwert. Durch den Einsatz entsprechend schmaler Winterdienst-Fahrzeuge können aber auch diese Wege gut eisfrei gehalten werden. Hindernisse (Poller usw.) gilt es, wenn möglich abzubauen, da solche ohnehin eine Gefahr für den Radverkehr in sich bergen.
Häufig landet beim Winterdienst der Schnee der Fahrbahn auf den Radfahrstreifen. Das darf aus rechtlicher Sicht nicht passieren und muss beispielsweise durch eine anschließende separate Räumung des Radfahrstreifens ausgeschlossen werden.
Am effektivsten und sichersten ist der Winterdienst auf Radwegen durch den Einsatz auftauender Streustoffe. Der Einsatz von Splitt und anderer abstumpfender Stoffe verringert nicht effektiv das Sturzrisiko der Radfahrenden.